Suchen Sie einen CDO oder einen digitalen Messias?

„Wir brauchen einen CDO! Der wird schon alles richten.“

Wenn Sie wüssten, wie häufig ich diesen Satz schon gehört habe! Viele Executive Board Member oder Verwaltungsräte scheinen weniger nach einem menschlichen Chief Digital Officer (CDO), sondern eher nach einem himmlischen Guru oder einem digitalen Messias zu suchen. Dieser soll ihnen alle Sorgen, Hausaufgaben und Probleme abnehmen und ein digitales Wunder bescherern.

Wen wundert es da, wenn Sie wenige Monate später lesen, dass die hochgelobte Wunderwaffe namens CDO das Unternehmen bereits wieder verlassen hat? Was war schiefgelaufen? Das Unternehmen wollte im digitalen Wandel Wettbewerbsfähigkeit zeigen und sicherstellen. Aber das nur nach dem Motto: "Wir sind nun auch digital, haben ja einen CDO." Aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass diese Haltung in den wenigsten Fällen zum Erfolg führt. Warum? Es gibt viele Gründe dafür, hier drei der wichtigsten:
 

1. Grund: Phasenbedingte Anforderungsprofile

Viele Unternehmen haben eine grobe Vorstellung, jedoch keine exakte Klarheit darüber, in welcher Phase der digitalen Transformation sie stecken. In der ersten Phase, die nicht nur ein paar Monate, sondern ein paar Jahre dauern kann, benötigen Sie ein komplett anderes Anforderungsprofil als in der zweiten Phase. Am Anfang brauchen Sie exzellente Change-Management- und Leadership-Fähigkeiten sowie Empathie und Fingerspitzengefühl, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und sie sicher aus der aufgebauten Komfortzone zu bewegen, statt sie in die innere Kündigung und in den Widerstand zu treiben. Es kann auch sein, dass Sie bewusst gewisse fachliche Expertisen in den Hintergrund stellen oder an eine andere Person delegieren. Parallel nutzen Sie die Zeit, um Ihre internen Ressourcen vorzubereiten und das passende Anforderungsprofil für die kommenden Phasen zu definieren und die internen Talente auf diese Aufgaben vorzubereiten.
 

2. Grund: Pokerface statt offene Karten

Im Bewerbungsgespräch versucht jeder sich so gut wie möglich zu verkaufen. Das gilt genauso für den Kandidaten wie auch für das Unternehmen. Doch sehr häufig wird zu hoch gepokert und man verzockt sich. Es werden unrealistische Versprechungen gemacht. Schnell wird ersichtlich, dass diese nicht gehalten werden können. Hier ist es wichtig, mit offenen Karten zu spielen und die Situation so aufzuzeigen, wie sie ist. Das gilt sowohl für rationale Fakten wie auch für emotionale Faktoren wie die Befindlichkeiten, welche mit der anstehenden Veränderung einhergehen. Ehrlichkeit und Transparenz sind das wichtigste, selbst, wenn Ihr Wunschkandidat dann abspringt. Früher oder später wird er das ohnehin tun, wenn er festgestellt, das Budgets, Verantwortung und die notwendige Unterstützung für die kommenden Schritte nicht gewährt werden. Damit ist niemandem geholfen, im Gegenteil. Sie verursachen durch Bluffs lediglich Frustration in der Geschäftsführung, bei den Mitarbeitern und zu guter Letzt auch bei den Kunden, die die Folgen der Instabilität und der schlechten Performance zu spüren bekommen.
 

3. Grund: Torschusspanik und Ungeduld

Torschusspanik, Ungeduld und blinder Aktionismus führen häufig zu einer schlechten Personalauswahl. In unserer schnell drehenden Welt und gerade im digitalen Wandel ist Geschwindigkeit essenziell für den Erfolg und das Bestehen der Wettbewerbsfähigkeit. Wenn es jedoch um Personalauswahl für eine solch wichtige und kritische Position geht, ist Weitsicht gefragt. Am Ende kostet Sie als Unternehmer eine Fehlbesetzung zu viel, ganz zu schweigen vom Zeitverlust, weil Sie die Suche wieder von vorne starten müssen und gegebenenfalls sogar ein neues Budget in die Hand nehmen müssen. Hinzu kommen die Folgen für die interne und externe Reputation eines Unternehmens. Dies soll aber nicht heissen, dass Sie sich von einer Fehlbesetzung nicht trennen sollten. Sollte dies der Fall sein, gilt: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
 

Fazit: Ob Sie bereits einen passenden CDO benannt haben oder noch händeringend nach einem suchen: Ein CDO ist für Sie ein wichtiger Keyplayer, aber kein digitaler Messias. Die Digitalisierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon und bleibt für Sie oberste Chefaufgabe, besonders in der kritischen Startphase.